Präsident und Vizepräsident der DCG-Bocholt, Ulrich Paßlick und Stefan Schlier besuchen die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Chinagesellschaften am 15/16.11.2019 in Duisburg

Ein Bericht von Ulrich Paßlick 

17 von 24 in Deutschland tätigen Chinagesellschaften, darunter die DCG-Bocholt, trafen sich vom 15-17.11.2019 zu ihrer Jahrestagung in Duisburg. Es stand ein umfangreiches Programm auf der Tagesordnung.

Delegierte aus 17 deutschen China-Gesellschaften - Vordere Reihe Mitte der chinesische Generalkonsul Feng, Düsseldorf, rechts daneben Oberbürgermeister Sören Link, Duisburg, rechts daneben der Präsident der ADCG, Kurt Karst, Mainz 

Am Nachmittag des ersten Veranstaltungstages besuchten die Teilnehmer auf Einladung der Stadt Duisburg das Rechenzentrum bei den Stadtwerken Duisburg, die die gesamte Cloud für die Stadt und die Universität Duisburg betreiben; ein beeindruckendes Zeugnis dafür, welche Herausforderungen das digitale Zeitalter auch für Kommunen und öffentliche Institutionen mit sich bringt.Duisburg geht dabei noch einen Schritt weiter und hat ein Kooperationsprojekt „Smart City“ ins Leben gerufen. Kooperationspartner sind Stadtwerke Duisburg, Stadt Duisburg Universität Duisburg und der chinesische Konzern HUAWEI. In einer interessanten Firmenpräsentation vermittelte der technische Geschäftsführer der HUAWEI-Deutschland, Walter Haas, die Grundlagen und Rahmenbedigungen für die Einführung der 5G-Technologie in Deutschland. Diese ist insbesondere für das „Internet der Dinge“ (IOT, Internet of Things) elementare Voraussetzung. 5G wird die E-Mobiltät auf eine neue Stufe heben, und in den Bereichen Sharing Economy, Sicherheit und Smart Factory neue Maßstäbe setzen. Somit vollzieht sich in den nächsten Jahren auch der Übergang vom „Datenzeitalter“ (3/4G Data Age) in das „Zeitalter künstlicher Intelligenz“ (5 G Intelligence Age) mit gewaltigen Auswirkungen auf die Stadtentwicklung, Logistik, Transport, E-Gesundheit, Bildung, Fabrikation, Smart Home etc..

Technischer Geschäftsführer von Huawei Deutschland, Walter Haas

Während es in vielen Bereichen Deutschlands noch bedenkliche Lücken selbst im 4G-Netz (LTE) gibt, ist in anderen Ländern das 5G-Netz schon gestartet (Südkorea, Singapur, Großstädte insbesondere an der Ostküste Chinas). HUAWEI ist Weltmarktführer bei 5G-Netzkomponenten, wenn auch ein umstrittener. So haben mehrere Staaten HUAWEI bereits beim Ausbau der 5G Technologie aus sicherheitsrelevanten Erwägungen ausgeschlossen (USA, Australien, Neuseeland...). Man befürchtet dort aufgrund der engen Verflechtungen zwischen Chinas Staatsapparat und des von ihm kontrollierten Konzerns HUAWEI den Einsatz von Spionage Hard- und Software und damit verbundenen unkontrollierbaren Datentransfer aus den 5G-Netzen direkt nach China. Das könne die über 5G gesteuerte öffentliche und private Infrastruktur sabotageanfällig werden lassen, so die Kritiker.  In Deutschland wird das Thema derzeit breit in der Öffentlichkeit, der Politik und in den Medien diskutiert. Weder die Bundesrepublik noch die EU haben sich zu diesem Themenkomplex abschließend positioniert. HUAWEI nutzte auch in Duisburg die Gelegenheit, die Diskussion aus ihrer Sicht mit Fakten zu hinterlegen und entsprechende Sicherheitsbedenken zu zerstreuen; schließlich will man unbedingt an der Ausschreibung für den Aufbau des 5G-Netzes in Deutschland beteiligt werden. Da Herr Haas aber aufgrund terminlicher Verpflichtungen nicht mehr für eine Diskussion zur Verfügung stand, blieben viele Fragen offen. Unabhängig davon bot der Vortrag allerdings einen faszinierenden Einblick in die gewaltigen Auswirkungen, die mit der 5G-Technologie auf die Gesellschaft im Digitalen Zeitalter zukommen. Duisburg stellt sich diesen Herausforderungen auch in Form ihres Smart City Projektes, welches ein wichtiger Baustein eines noch immer laufenden Strukturwandels weg von der Kohle- und Stahlindustrie sein soll und Duisburg so zukunftssicher machen möchte. Eine landseitige Fahrt durch den Duisburger Hafen machte auch deutlich, wie eng Duisburg als deutscher Endpunkt der neuen Seidenstraße (one belt, one road) mittlerweile mit dem Reich der Mitte verknüpft ist. Derzeit kommen bereits über 120 voll beladene Containerzüge pro Woche auf dem Landweg aus China in Duisburg an. Immerhin 70 Züge treten mittlerweile wiederbeladen den Rückweg nach China an. Die Zahl der Leerfahrten in Richtung China hat sich somit deutlich reduziert.  Die Duisburger Hafen GmbH investiert derzeit 100 Mio. € in ein neues Terminal mit dem Schwerpunkt Chinahandel. Die Stadt hat die großen Chancen guter Kontakte zu China als Kernbereich ihrer Wirtschaftsförderung frühzeitig erkannt. Schon vor 38 Jahren wurde eine Städtepartnerschaft mit der chinesischen Stadt Wuhan begründet und die lange Freundschaft trägt jetzt vermehrt auch wirtschaftliche Früchte. Es ist ernüchternd, dass viele Kommunalpolitiker und städtische Entscheidungsträger andere Städte trotz einer bestehenden Städtepartnerschaft oder Freundschaft diese potenziellen Chancen der chinabezogenen Wirtschaftsförderung nicht erkennen. Noch sind Vorurteile auf deutscher Seite im bilateralen Verhältnis eher die Regel als die Ausnahme. Dieses grundsätzliche Problem wurde auch am zweiten Tag der Sitzung diskutiert.Während der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link sehr positiv auf die langen Jahre der Städtepartnerschaft mit Wuhan und die jüngsten wirtschaftlichen Erfolge seiner Stadt im Chinageschäft verwies, fiel das Fazit der derzeitigen globalen Situation auf chinesischer Seite ernüchternd aus. Generalkonsul Feng Haiyang mit Blick auf den Handelskrieg mit den USA: „Die einzige Gewissheit ist die Ungewissheit“. China stehe Schulter an Schulter mit Deutschland. Er appellierte wohl nicht ganz uneigennützig, Deutschland und die EU sollten sich nicht vorschnell dem amerikanischen Druck beugen. Dass die USA das Gleiche ebenso von Europa mit Blick auf China einfordern, bringt Deutschland und Europa in eine Zwickmühle, aus der es kaum ein Entrinnen geben dürfte.Wang Wei, stellvertretende Leiterin der CPAFFC (Gesellschaft für Freundschaft mit dem Ausland in Peking) forderte in ihrem Statement die Überwindung des postfaktischen Zeitalters, einen Dialog auf Augenhöhe zwischen souveränen Staaten und warb für das Zulassen pluralistischer Meinungen. Ein bemerkenswerter Standpunkt in einer Zeit, in der im Westen immer kritischer über die Einschränkungen der freien Meinungsäußerung und die bedenkliche Entwicklung Chinas zu einem digitalen Überwachungsstaat berichtet wird. Dennoch bieten sich gerade die ADCG und ihre Mitgliedsgesellschaften für den direkten Dialog mit den chinesischen Partnern und Freunden an, da Freundschaft und Vertrauen schon immer die Basis für einen offenen und kritischen Dialog zwischen China und Deutschland waren.

v.l.: Vizepräsident Stefan Schlier und Präsident der DCG-Bocholt e.V., Ulrich Paßlick 

Präsident Ulrich Paßlick und Vizepräsident Stefan Schlier (rechts) im Gespräch mit dem chinesischen Generalkonsul in Düsseldorf, Feng Haiyan

Der Bericht der einzelnen Chinagesellschaften rundete den zweiten Sitzungstag ab und zeigte, in welcher Vielfalt man sich vor Ort mit dem Thema Vielfalt beschäftigt. Immer mehr Chinesen studieren, arbeiten und wohnen mittlerweile in Deutschland und noch immer versuchen die Chinagesellschaften deutschen Mitbürgern China als spannenden Ort Jahrtausende alter Kultur und als wiedererstarkte Weltmacht näher zu bringen.Die ADCG sieht sich gerade in einer Phase der Verlagerung des globalen Machzentrums aus dem Atlantischen Bereich (USA/Europa) hin in den pazifischen Raum mit der alles überragenden Kraft China als Brückenbauer. Die Chinagesellschaften insgesamt und die im Westmünsterland ansässige DCG Bocholt haben sich jenseits der großen - oft irrationalen Politik - zur Aufgabe gemacht, Menschen aus beiden Kulturkreisen zusammen zu bringen, den direkten Dialog zu pflegen und bestenfalls Freundschaften zu begründen, um so ein besseres Verständnis füreinander aufbringen.

Prof. Dr. Thomas Heberer spannte in seinem Vortrag „Herausforderungen der westlichen Demokratie durch das politische Systems China?“ einen großen Bogen von Chinas Öffnung unter Deng Xiao Ping bis heute und zeigte mit welcher atemberaubenden Konsequenz Chinas Staatsführung die Vision CN 2050 verfolgt. Niemand zweifele heute ernsthaft daran, dass China die darin selbstgesteckten Ziele zum weiteren Abbau der Armut, dem qualitativen Wachstum der Wirtschaft und der Beherrschung der Umweltproblematik erreiche.Heberer machte ebenso gnadenlos deutlich, dass im Gegensatz zu China Deutschland eben keine Vision oder Roadmap 2050 habe und wie gefährlich das für die Stellung Deutschlands in der Welt sei. Er arbeitete auch sehr deutlich die systemische Konkurrenz zwischen den USA und China heraus. Respektvolle Koexistenz und nicht der Wille, dem jeweils anderen seine „Werte“ aufzudrängen sei die einzig tragfähige Lösung und nur durch eine Verständigung auf eine neue Weltordnung sei ein (militärischer) Konflikt auf Dauer zu vermeiden.Heberers Einschätzung erschien umso überzeugender, weil er vor Ort bereits seit Ende der den 70-er Jahren Zeitzeuge des unvergleichlichen Aufstiegs Chinas wurde. „Hätte uns damals jemand gesagt, dass China in 30 Jahren dort steht, wo es heute ist, wäre er von allen belächelt worden“. Heute ist den Skeptikern von damals längst das Lachen vergangen. Ein Besuch des chinesischen Botschafters, Exzellenz Wu Ken rundete die diesjährige Tagung der ADCG ab. Die Jahrestagung 2020 der ADCG findet am 25./26.9.2020 auf Einladung des frisch im Amt bestätigten Präsidenten Kurt Karst in Mainz statt. Weitere Berichte und Fotos sowie Hinweise auf chinabezogene Veranstaltungen finden Sie auf der Hompage der ADCG: www.deutsche-china-ag.de